„Hairomania“ – ein Literaturprojekt
von Alexandra Stanski
Was haben das Musical „Hair“ und das „Gymga“ gemeinsam? Lange Haare oder Haare auf den Zähnen? Niemals. Tradition? Gewiss. Ein vielseitiges Publikum? Bestimmt. Von angenehmen bis fragwürdigen Modestils? Sicher. Was aber vie lwichtiger ist und im Jahre 2008 von tragender Bedeutung: Beide feiern ein wichtiges Jubiläum. Dies war auch ein Anlass, um uns dieses Projekt – und nach Monaten harter Arbeit besser „Großprojekt" – vorzunehmen.
Vor 40 Jahren schaffte es das Musica lvon Gerome Ragni, John Rado und Galt Mac Dermot zur berühmten Uraufführung am New Yorker Broadway, von wo aus es seinen Siegeszug durch die Welt antrat. Noch im selbenJahr, 1968, wurde es auch in Deutschland aufgeführt. Das Musical fängt das Lebensgefühl der damaligen Hippies ein, thematisiert den Drang nach Andersartigkeit, nach Unkonventionalität, aber auch die Verabscheuung des Vietnamkrieges, des Rassismus und der gesellschaftlichen Anforderungen an den Einzelnen. Große und wesentliche Themen, die es nun in unserem Literaturkurs der 12. Klasse umzusetzen galt.
Da es sich beim aktuellen Literaturprojekt um ein Musical handelt, wurden in weiser Voraussicht zwei Lehrkräfte dienstverpflichtet: Herr Frank Welters, zuständig für das Musikalische, und ich, zuständig für das Literarische. Das Ziel ist ein hochgestecktes, geht es doch wahrlich ums Ganze: Drehbuch schreiben, schauspielern, singen, tanzen, Live-Musik. Es war zu erwarten, dass bei der Verkündigung des Großprojekts für das Schuljahr 2007/08 das Erstaunen im frischgekürten Literaturkurs immens war: „Ich kann doch gar nicht singen!“ „Ich habe zwei linke Beine!“ „Meine Haare sind doch viel zu kurz!“ „Gibt es auch Rollen für hinter der Bühne?“ Die anfänglichen Sorgen verflogen recht schnell, als sich dasGesangs- und Schauspieltalent der Schüler herauskristallisierte. Einen großen Ermutigungsschub bewirkten die Kostüme: Breite Hosen, farbenfrohe Hängerchen, Holzkreolen, Lederwesten und vieles mehr sorgten für Überraschungen und eine ausgelassene Atmosphäre. Zunächst musste ein vernünftiges Drehbuch her. Die Wahl, es selber zu verfassen oder es käuflich zu erwerben, stellte sich nicht– 200 Euro ließen keinen Raum für Überlegungen (ja, so teuer ist die Unterhaltungsbranche!). Zudem musste die Theater- bzw. die Originalversion unserem Literaturkurs, der mit 48 Schülern wahrlich nicht klein ist, angepasst werden. Schließlich sollten möglichst viele Schüler schauspielern, singen und tanzen. Fragen, ob „Hair“ aktualisiert, d.h. in die heutige Zeit versetzt und somit die Problematik des Stücks verändert werden sollte, wurden schnell vom Kurs verworfen: Die Schüler wollten es „realistisch“, also 1968. Neue Rollen wurden kreiert, die Originalhandlung dahingehend vom Drehbuchteam Eva Schameitat, Jakob Fischer und Roland Cremerius geschrieben.
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Hier die Handlung in Kurzform. Der Vietnamkrieg ruft. Das Landei Jason Hudkins (Simon Vitz) fährt nach New York, um gehorsam den Bürgerpflichten nach zu kommen und dem Einberufungsbescheid zur Army zu folgen. Doch sein Gitarre spielen lässt Jason zur Hippiegruppe stoßen. Ihr Anführer Aden (Jakob Fischer) ist zu jedem Spaß bereit, nimmt jedoch den biederen clean-cut American boy aus Oklahoma unter seine Fittiche. Den Ärger mit der Polizei und der feinen Gesellschaft NewYorks nimmt die Gruppe gern in Kauf, geht es doch um Rebellion, aber auch um Gerechtigkeit. Drugs und Rock ’n’ Roll beherrschen die Szene, Jason verliert sein ach so braves Landwirt-Herz an die edle Cameron (AnneBuchenau/Svenja Müller), ein Mädchen, welches derfeinen Highsociety überdrüssig ist und sich in Jason verguckt. So zieht denn die wilde Truppe nach Nevada, um Jason und Cameron letzte romantische Stunden vor dem Kriegseinsatz zu ermöglichen. Der raffinierte Trick, bei dem der kühne Aden, als Offizier verkleidet, Jason für einige Stunden im Militärcamp ersetzt, wird allerdings zum Verhängnis. Schneller als erwartet wird die Militäreinheit von Nevada nach Vietnam ausgeflogen, der loyale Freundschaftsdienst Adens bringt ihm den Tod. Was am Ende bleibt, ist die Überzeugung, dass das Leben der jungen Männer einer übermächtigen Arroganz desVaterlandes zum Opfer gefallen ist. Mit dem letzten Song „Let the Sunshine in“ bittet die junge Generation, allen voran die Hippies, um Liebe, Toleranz, Vergebung, Besonnenheit und Frieden.
Die Proben bestanden aus Einsingen, Schauspiel undTanz. Die Band um Roland Cremerius, Alexander Gandke, Tim Schäfer und Nawid Ebadi übte neun Musikstücke ein, die nur teilweise dem Originalmusical entnommen sind. Vor allem stellte das Einstudieren der vierstimmigen Songs wie „Aquarius“ oder „Hair“ hohe Ansprüche an die Stimmen der Schüler und die Nerven von FrankWelters. Ein Glücksfall ist die Tatsache, dass einige Schüler bereits Mitglied der Schulband „Unerhört“ sind und andere ein erstaunliches Gesangstalent vorweisen können. Die Schauspieler hatten Höchstleistungen zu erbringen, da gab es meinerseits kein Erbarmen: Nackt(fast) über die Bühne laufen, Liegestütz und Kniebeugen bis zum Abwinken, leidenschaftliche Küsse, derbe Textstellen – alles wurde gefordert und erfolgreich umgesetzt. Auch wenn ich selber manchmal amRande eines Nervenzusammenbruchs stehe, so sehe ich doch voll Zuversicht auf ein glückliches Ende der Proben. Ich wünsche uns allen eine gelungene Premiere und dem Theater an unserer Schule weiterhin toi, toi, toi.